Diese Sondernummer der Appunti leopardiani versammelt einige Beiträge des Leoparditages, der am 15. Februar 2011 unter dem Titel Variants on Loss and Silence in Leopardi (Variationen über Verlust und Stille bei Leopardi) an der Universität Birmingham stattfand. Die Stichwörter perdita (Verlust) und lutto (Trauer) tauchen im analytischen Register des Zibaldone di pensieri nicht auf (und auch nicht in anderen Registern Leopardis), was sich damit erklären lässt, dass die Stichwörter “piacere” and “dolore” samt ihren zugehörigen Unterbegriffen (darunter Teoria del piacere und Piacere nella disperazione e nel dolore) diese schon beinhalten. Schon von seinen ersten poetischen Schriften an lässt sich Leopardi von diesen Thematiken inspirieren, man denke an Titel wie «La morte di Ettore», die «Argomenti di elegie» und der Entwurf der Tragödie «Maria Antonietta». Im Werk Leopardis stehen Verlust und Trauer jedoch nicht nur für den Tod, der das Drama der menschlichen Existenz untermalt. Sie sind auch Metaphern für die Stille: die Stille von Individuen und der Weltgeschichte, aber auch die Stille, die den Menschen im Angesicht großer Gefühle überkommt: «Il silenzio è il linguaggio di tutte le forti passioni, dell’amore […] dell’ira, della maraviglia, del timore ec.» liest man im Zibaldone.Indem er behauptet, dass « le ragioni e maniere occulte dell’esistenza […] noi non conosciamo nè intendiamo punto, […] neppur quanto alla nostra specie e al nostro proprio individuo», spielt Leopardi darauf an, dass die Stille die Unmöglichkeit des menschlichen Geistes und somit auch der Sprache repräsentiert, die Bedeutung des Lebens zu begreifen. Die diesem Schwerpunkt gewidmeten Beiträge im gleichnamigen Teil der Zeitschrift erkunden die Themen Verlust und Trauer von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus und betreffen auch Aspekte der Stille, des Mangels, der Abwesenheit, des Nichts, der Angst, des Schmerzes und Leidens, welche alle zusammen die insistierende Reflexion Leopardis über das menschliche Leben charakterisiere.